Weckmann oder Stutenkerl? Die Geschichte eines süßen Hefegebäcks
Im Rheinland heißt er Weckmann, in Niedersachsen Stutenkerl und in Süddeutschland und Österreich Krampus. Eines haben die süßen Hefegebäcke gemeinsam: Sie werden in der kalten Jahreszeit gebacken und gegessen. Das ist die Geschichte der traditionsreichen Backmänner.
Die Figur mit den Rosinenaugen stellte ursprünglich einen Bischof oder Heiligen dar. Im Mittelalter überreichte man Gemeindemitgliedern, die nicht am Gottesdienst in der Kirche teilnehmen konnten – zum Beispiel bei Krankheit – einen Gebäckmann als Ersatz für das Heilige Abendmahl. Deshalb trägt die Figur auch einen Bischofsstab.
So kam der Weckmann zur Pfeife
Moment mal: Die meisten Weckmänner und Stutenkerle haben doch eine Tonpfeife im Arm. Man vermutet, dass die Pfeife im 17. Jahrhundert aufkam und den Bischofsstab ablöste. Es war die Zeit der Reformation. Die Kirche befand sich im Umbruch und weltliche Symbole ersetzten häufig die kirchlichen Zeichen. Tonpfeifen waren damals in Mode, und eine kleine Version, wie sie noch heute von den Teigmännern getragen wird, war ein guter Ersatz.
Eine andere Geschichte besagt, dass die Pfeife erst im 19 Jahrhundert ins Spiel kam. Vorher trugen die Gebäckstücke eine Flöte. Eine Tonpfeifenfabrik im Westerwald rettete sich vor dem Konkurs, indem sie die Flöte durch eine Spielzeugpfeife ersetzte. Zigarren und Zigaretten waren in Mode, das Geschäft mit Tonpfeifen brach ein. Doch als Spielzeug auf dem Weckmann verkauften sich die Pfeifen gut. Das Geschäft war gerettet. Die Pfeife setzte sich auf dem Weckmann durch und ist bis heute im Rheinland verbreitet. Ein kleiner roter Lutscher macht der Pfeifentradition jetzt Konkurrenz. Zeitgeist? Weil es billiger ist, Kinder nicht zum Rauchen animiert werden sollen oder vielleicht aus Gründen der Nachhaltigkeit, weil die Pfeifen nach dem Verzehr im Müll landen? Eine einfache Antwort haben wir nicht gefunden. Aber Hauptsache, der Weckmann hat etwas im Arm. Sonst wäre er einfach nicht komplett.
Lieber etwas früher
Am 11. November beginnt im Rheinland traditionell nicht nur die fünfte Jahreszeit – der Karneval. Dann wird auch St. Martin gefeiert und die Kinder ziehen mit ihren Laternen singend durch die Straßen, um an den Haustüren Süßigkeiten zu bekommen. Der Überlieferung nach haben die Rheinländer die Weckmänner, die es eigentlich erst am 6. Dezember zum Nikolaustag gibt, schon im November zu Ehren des Heiligen Martin gebacken. Eine gute Gelegenheit, das leckere Gebäck schon früher anzubieten. In diesen Breiten war man eben schon immer sehr genussorientiert.
Bild Caroline Zöller für GEBAS